This is America - People and Places
Donnerstag, 5. September 2019
Heiße Winde in Montana
Mittwoch, 4.9.
Als es hell wurde, pellte ich mich aus meinem Schlafsack und suchte die „Facilities“ auf – es gab einen Vorraum mit Waschbecken und warmem Wasser und eine Kabine mit Dusche und Toilette. Ich bekam das Wasser darin aber nicht auf „warm“ gestellt, kann an mir gelegen haben, ich weiß es nicht. Die Waschmaschinen dort muss man mit 25-ct-Münzen füttern, kann man sich ja schon mal vormerken. Da ich mich am Vorabend gleich schlafen gelegt hatte, holte ich das Dokumentieren meiner Reise jetzt nach, noch vor dem Frühstück, das ich dann halb neun zu mir nahm. Dann fuhr ich weiter nach Nordwesten die 87 North entlang. Ich wäre unterwegs abgebogen in den Helena-Lewis and Clark National Forest, um dort zu wandern, aber es gab massive Warnungen vor möglichen gefährlichen Feuern, denn es ist hier gerade extrem warm, trocken und windig zugleich. Da war ein Wald vielleicht nicht die erste Wahl. Stattdessen fuhr ich bis Great Falls, dort gibt es den Giant Springs National Park. Ich parkte gleich am Lewis and Clark Interpretive Center, dort gab es auch frisches Trinkwasser. Was es nicht gab, war ein schattiges Plätzchen fürs Auto, ich hätte zum State Park Parkplatz weiterfahren sollen, da gab es welche, kostenlos auch. Das sah ich aber erst, als ich schon am Missouri entlang dort hin gelaufen war. Die meisten Wege dort sind asphaltiert und rollstuhlgerecht. Das Sprudeln von der Quelle war zwar ganz nett, aber irgendwie doch zu eingefriedet. Es gab einen Raum zu Fischen im Missouri, ein Fischbecken mit sicher nicht einheimischen Fischen, na ja. Als ich an der Rangerstation nach Infos guckte, wurde ich direkt angesprochen, was ich suchen würde. Ich bekam eine Karte mit den Wanderwegen hier in die Hand und schon ging es weiter. Auch weiter flussabwärts gibt es einen asphaltierten Weg, ich entschied mich natürlich für den Pfad dicht am Fluss entlang. Wobei dicht relativ ist, denn er führte oben an der Schlucht entlang, die der Fluss gegraben hatte. Eine Eisenbahnbrücke führte über ihn hinweg, aber als Wanderer kam man nicht auf die andere Seite. Dann sah ich den Damm, den man schon Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut hatte, und dahinter, leider durch das Bauwerk vermurkst, die Missouri Falls. Die Rainbow Falls und ein Stück weiter die Crooked Falls. Ich stellte mir einfach vor, wie sie ausgesehen haben mögen, bevor menschliche Bauwerke die Landschaft zerschandelten. Beim Wanderpfad konnte man mancherorts wählen zwischen „schwieriger“ oder „am schwierigsten“, später kam noch „extrem schwierig“ dazu. Aber alles keine nennenswerten Herausforderungen. Eine Herausforderung war dagegen die Hitze, es waren um zehn schon 26 Grad gewesen, jetzt steuerte das Thermometer auf 30 und mehr zu. Der Wind war teilweise so stark, dass ich mein Basecap absetzen musste, wenn ich es nicht verlieren wollte. Ich hatte permanent trockene Lippen. Ein bisschen wüstenmäßig. Ich lief den Pfad bis zu einer Stelle, wo der Fluss ein seichtes Ufer hatte. Ich hatte heute Badesachen dabei! Aber die Stelle war schon von diesen kanadischen Gänsen besetzt, und als ich näher kam, verbot auch ein Schild, dort zu schwimmen. Naturschutz. Ich hätte die Gänse ja auch nicht aufscheuchen mögen. Aber eine Erfrischung hätte mir sehr gut getan! Zurück lief ich dann den asphaltierten Weg. Zu schade, dass kein Rundweg möglich war. Als ich wieder am ordentlich aufgeheizten Auto war – da halfen die völlig verbrauchten Kühlakkus nichts mehr – war es noch relativ zeitig. Also füllte ich meine ausgetrunkenen(!) Flaschen wieder auf und guckte auf die Google-Karte. Ich fand in der Nähe noch den Sulphur Spring Trail, also routete ich dorthin. 30 Minuten. Es ging fernab der Interstate über eine Straße, die mein Auto-Navi gar nicht kannte. Ringsum Stoppelfelder größtenteils. Überhaupt bin ich bisher durch so viel landwirtschaftliche Gegenden gefahren, dass man meinen könnte, die USA seien ein reines Agrarland. Ich kreuzte einen unbeschrankten Bahnübergang, und irgendwann kam ich dann tatsächlich an einem Parkplatz mit Hinweisschildern an. Ich lief den Weg zum Aussichtspunkt, wo ein Bach, wohl der der schwefligen Quelle, in den Missouri fließt. Schöne Aussicht und farbige Schluchtwände. Von dort ging ein Pfad hinunter, der sich dann aufgabelte. Beide Wege endeten extrem steil. Keine Ahnung, ob das da hätte weitergehen sollen, aber in einer Gegend, wo ich als Einzige herumlaufe und kein Netz ist, lass ich so was lieber. Also zurück. Auf der anderen Seite der Zufahrtsstraße gab es auch einen Trail, einen der ewig lang ist, aber eben auch kein Rundweg. Ich beschloss, ihn soweit zu gehen, bis es mir reicht bzw. ich an eine schöne Stelle kam. Ich war nur mit einer Halbliterflasche Wasser in der Hand losgelaufen, weil ich ja nicht mehr weit wollte. Die brauchte ich aber auch. Es waren weit über 30 Grad jetzt. Der Ausblick auf die Ausbuchtungen des Flusses belohnte aber für die Mühen. Nach der kleinen Wanderung wollte ich bloß noch ins klimatisierte Auto. Ich fuhr weiter nach Norden, zum dem Glacier NP am nähest gelegenen Rastplatz, der ist in Conrad an der Interstate 15 North. Ziemlich modern alles hier, videoüberwacht, WiFi, was will man mehr.

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Letzte Aktualisierung: 2019.12.01, 10:14
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